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16. August 2008 — 20 Jahre

Rick Langenstein wurde am 16. August 2008 in Magdeburg-Reform von einem Neonazi angegriffen und tödlich misshandelt.

 

Wer war Rick Langenstein?

Rick Langenstein wurde gerade einmal 20 Jahre alt. Ein Jahr vor der Tat hatte er sein Abitur am Sophie-Scholl-Gymnasium in Magdeburg absolviert und war nun kurz davor, sein Studium an der Kunsthochschule Braunschweig zu beginnen. Freund*innen beschreiben ihn als einen lebenslustigen, nachdenklichen, liebevollen und fürsorglichen Menschen, der gerne Sport trieb und ein begabter Maler und Zeichner war.

 

Was ist passiert?

In der Nacht zum 16. August 2008 hatte Rick Langenstein gemeinsam mit Freund*innen die Diskothek „Fun Park“ besucht und wollte in den frühen Morgenstunden alleine nach Hause gehen. Gegen 5 Uhr morgens traf er in unmittelbarer Nähe zur Diskothek auf einen 20-jährigen Neonazi, der aufgrund seines aggressiven Auftretens und der Weigerung, seine hochgekrempelten Hosenbeine über seine Springerstiefel zu ziehen, von Security-Mitarbeitern der Diskothek verwiesen worden war.

Nach der Tat sagte der 20-Jährige bei der Polizei aus, dass er Rick Langenstein aufgefordert habe, ihm eine Zigarette zu geben. Dieser habe sich jedoch geweigert und ihn als „Hobbynazi“ bezeichnet. Davon habe er sich provoziert gefühlt. Der Neonazi schlug daraufhin brutal mit Quarzhandschuhen auf Kopf und Körper Rick Langensteins ein und trat mit seinen Springerstiefeln so lange auf den wehrlos am Boden liegenden Liegenden ein, dass er später kaum wiederzuerkennen war. Rick Langenstein starb noch am Tatort an seinen schweren Verletzungen. Auf dem Heimweg prahlte der blutverschmierte Täter noch, dass „der andere nicht so leicht wieder aufsteht“.

Der Mobilen Opferberatung war der Neonazi bereits vor dem tödlichen Angriff bekannt. Zweieinhalb Jahre zuvor, am 15. Februar 2006, hatte der damals schon vorbestrafte, mit NS-Symbolen tätowierte Jugendliche einen togolesischen Studenten mittags an einer Straßenbahnhaltestelle rassistisch angepöbelt, geschlagen und seinen Kampfhund auf ihn gehetzt. Der 27-jährige Student erlitt u.a. erhebliche Bissverletzungen. Die daraufhin verhängte 20-monatige Jugendstrafe, die nach einer weiteren Straftat an einem Mitgefangenen auf zwei Jahre erhöht wurde, verbüßte er bis Ende Februar 2008. Danach stand er unter Führungsaufsicht. Der tödliche Angriff auf Rick Langenstein geschah nur wenige Monate nach seiner Haftentlassung.

Als die Sicherheitsbehörden den Tod des 20-Jährigen und die Verhaftung des Verdächtigen bekannt gaben, wies die Staatsanwaltschaft zwar darauf hin, dass es sich bei dem Tatverdächtigen um einen „eindeutig der rechten Szene“ zuzuordnenden Gewalttäter handele. Dass für den tödlichen Angriff auch ein rechter Hintergrund vorliegen könnte, teilte sie der Öffentlichkeit nicht mit.

 

Der Prozess gegen den Täter

Zu Beginn der Verhandlung vor dem Landgericht Magdeburg schloss die 2. Jugendkammer aus Rücksicht auf den zur Tatzeit 20 Jahre und 10 Monate alten Angeklagten die Öffentlichkeit bis zur Urteilsverkündung aus. Am 9. Mai 2009 wurde er nach 15 Verhandlungstagen zu acht Jahren Jugendstrafe wegen Totschlags und Diebstahls verurteilt. Die Darstellung des Angeklagten, Rick Langenstein habe ihn beschimpft und dann ins Gebüsch geschubst und getreten wertete die Kammer als Schutzbehauptung: „Rick Langenstein war 22 Zentimeter kleiner und 44 Kilogramm leichter als der Angeklagte. Das wäre Selbstmord gewesen“, so der Vorsitzende Richter.

Insgesamt vertrat die Kammer jedoch die Auffassung, dass die bei dem Angeklagten festgestellten „Kontakte zu rechts gerichteten Personen“ und seine Hakenkreuz-Tätowierungen nichts mit der Tat zu tun gehabt hätten. Nach Ansicht der Richter erfolgte der tödliche Angriff „spontan aus der Begegnung“. Zudem erklärte das Gericht, es seien bei dem Angeklagten keine Hinweise auf eine Betätigung in „nationalsozialistischen Organisationen“ gefunden worden, obwohl der Angeklagte seit mehreren Jahren im neonazistischen Kameradschaftsspektrum in Magdeburg aktiv war. Diese Einschätzung verhinderte die Einstufung als Mord, da aus Sicht der Richter sog. niedrige Beweggründe für den Angriff fehlten.

 

Öffentliches Gedenken

Freund*innen von Rick Langenstein erinnerten etliche Monate mit Transparenten, Kerzen und Blumen am Tatort an ihn und setzten sich schnell für einen dauerhaften Gedenkort ein, zunächst erfolglos. Denn der Eigentümer des Teppichhandels in unmittelbarer Nähe zur Diskothek „Fun Park“, wo das Tötungsverbrechen geschah, weigerte sich, sein Gelände für einen Gedenkstein zu öffnen.

Nachdem mehr als 1.000 Menschen, darunter viele Schüler*innen des Sophie-Scholl-Gymnasiums, eine vom sozialen Umfeld Rick Langensteins initiierte Petition unterzeichnet hatten, bot der Oberbürgermeister an, einen Gedenksteins auf städtischem Gelände in Sichtweite zum Tatort aufstellen zu lassen. Am 2. Juni 2009 wurde er bei einer öffentlichen Zeremonie eingeweiht. Seitdem organisiert das Bündnis gegen Rechts Magdeburg jeweils zum Todestag eine Kundgebung am Gedenkstein.

 

Rick Langenstein wird seit 2009 von der Landesregierung offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.