Wider das Vergessen! Zum Gedenken an Helmut Sackers anlässlich seines 14. Todestages
Rede von Rainer O. Neugebauer vom BürgerBündnis für ein gewaltfreies Halberstadt am Grab Helmut Sackers
Liebe Heide Dannenberg, liebe Freundinnen und Freunde,
an der Stille eines Grabes zu reden, ist eigentlich eine Unmöglichkeit. Gefordert wäre ein Schweigen angesichts der Erinnerungen und angesichts der Gefühle von Einsamkeit, Ohnmacht und Wut. Ein Schweigen, das uns erlaubt, in uns selbst zu hören und unsere Gedanken zu Helmut Sackers, seinem Leben und seinem gewaltsamen Tod zu formulieren. Ich habe Helmut Sackers nicht persönlich gekannt. Er war, als er heute vor 14 Jahren von einem Neo-Nazi erstochen wurde, 60 Jahre alt, genauso alt wie ich jetzt. Ich denke, er hätte sich heute – wie wir – über einen so wundervollen Spätfrühlingstag gefreut. Schweigen ist allerdings kein Mittel gegenüber der Gefährdung der Gesellschaft durch Angriffe von Neo-Nazis und Rassisten, im Gegenteil: Durch Schweigen machen wir uns zu Komplizen.
Helmut Sackers hat gegenüber dem alltäglichen Rechtsextremismus nicht geschwiegen, nicht weggeschaut und nicht weggehört, sondern er hat sich eingemischt, Stellung bezogen. Er hat – was Bürger-Bündnisse seit langem und Politiker seit einiger Zeit fordern – eingegriffen. Er hat dies mit seinem Leben bezahlt. Dies darf nicht vergessen werden. Für uns ist Helmut Sackers – ungeachtet der justizförmigen Bewertung – ein Todesopfer rechter Gewalt. Und deshalb begrüßt das BürgerBündnis für ein gewaltfreies Halberstadt den heutigen Anstoß für ein würdiges Gedenken an Helmut Sackers als engagiertem Menschen im Rahmen der Initiative „Wir erinnern an Opfer rechter Gewalt“. Wir werden die Suche nach einer geeigneten Form und einem Ort für eine öffentliche Würdigung – in Übereinstimmung mit denen, die ihm nahestanden – unterstützen.
Helmut Sackers hat Zivilcourage gezeigt. Diese Zivilcourage war in Halberstadt bitter nötig. Erinnern wir uns nur an rechte und rassistische Gewalt gegen alternative Jugendliche, gegen Asylbewerber, gegen das Jugendzentrum Zora oder das Theaterensemble. Zivilcourage ist in Halberstadt auch weiterhin nötig: gegen gewaltsame Übergriffe von Neo-Nazis, gegen die politischen Rattenfänger und Brandstifter der NPD und gegen rechtsextreme und rassistische Einstellungen mitten im Alltagsleben der Stadt und der Region. Hierbei nicht nachzulassen, ist unserer Meinung nach die wichtigste Form des Gedenkens an Helmut Sackers und der Würdigung seiner Zivilcourage.
Seit 1990 sind in Deutschland hunderte Menschen durch Neo-Nazis und rechtsextreme Gewalttäter ermordet und getötet worden, davon mehr als ein Dutzend in Sachsen-Anhalt. Viele von ihnen haben, wie Helmut Sackers, Zivilcourage gegen Neo-Nazis und Rechtsextremismus gezeigt und nicht geschwiegen. Ich bitte nun um eine Schweigeminute für Helmut Sackers und alle anderen Todesopfer rechter Gewalt.